eTeaching-Matrix
Wie kommunizieren Lehrkräfte und Schüler*innen in hybriden Unterrichtssituationen miteinander?
Welche Unterrichtsformate und -methoden eignen sich eher für den Präsenzunterricht, welche sind besser aufgehoben in digitalen oder hybriden Settings?
Welchen konkreten didaktischen Mehrwert haben digitale Tools im Distanzunterricht?
Unsere eTeaching-Matrix soll euch dabei helfen, eigenständig erste Antworten auf diese durchaus komplexen Fragestellungen zu finden. Mithilfe der eTeaching-Matrix könnt ihr euren eigenen Unterricht gezielt unter die Lupe nehmen und flexibel an die jeweilige Schul- und Unterrichtssituation anpassen. Die eTeaching-Matrix kann euch dabei als Planungshilfe im Vorfeld einer Unterrichtsreihe dienen oder ihr nutzt sie im Nachgang einer Unterrichtssequenz als Reflexionsinstrument, um zu überprüfen, wie ihr eure Stunden didaktisch umgesetzt habt.
Die Rahmenbedingungen: Ort und Zeit
Wenn über die Organisation von digitalem und hybriden Unterricht nachgedacht wird, lohnt es sich verschiedene Rahmenbedingungen genauer anzuschauen:
- Ort: Wo wird gelernt?
- Zeit und Kommunikationsform: Wie und wann wird kommuniziert?
Bei der örtlichen Betrachtung des Unterrichts kann zwischen Präsenz- und Distanzunterricht (s.u.) unterschieden werden. Gemäß des didaktischen Schiebereglers von Axel Krommer (2020) kann dabei „ein Spektrum zwischen dem reinen Präsenzunterricht und dem reinen Distanzunterricht“ (Handreichung NRW, 2020, S. 16) aufgespannt werden.
Zudem lohnt es sich, über die Kommunikationsform und -Zeit der Beteiligten (beispielsweise zwischen Lehrer*in und Schüler*innen) nachzudenken. Hier ist die Differenzierung zwischen synchroner und asynchroner Kommunikation zentral:
Asynchrone Kommunikation bedeutet, dass die Kommunikationspartner*innen zeitlich versetzt miteinander agieren. „Bei asynchroner Kommunikation besteht nicht die Erwartungen einer unmittelbaren Rückmeldung. Briefe, E-Mails und Foren sind typische Beispiele für asynchrone Formen der Kommunikation.“ (Handreichung NRW, 2020, S. 16). Die Bereitstellung von Aufgaben in asynchronen Kommunikationsformen kann den Schüler*innen ermöglichen, ihre Lernprozesse selbstständig zu strukturieren und orts- sowie zeitunabhängig zu bearbeiten. Damit dies möglich ist, benötigen asynchrone Lerninhalte meist eine sorgfältige Vorbereitung.
Von synchroner Kommunikation spricht man, wenn Schüler*innen und Lehrer*innen gleichzeitig – mit der Möglichkeit der unmittelbaren Reaktion aufeinander – kommunizieren. Ein Unterrichtsgespräch im Klassenraum, eine Videokonferenz oder auch ein Telefonat sind typische Situationen synchroner Kommunikation. Wird zeitgleich agiert, kann unmittelbar auf Ereignisse und Störungen reagiert werden. Gleichzeitig findet synchrone Kommunikation in der Schule meist in starren zeitlichen Strukturen (Unterrichtsstunde von 45 min) statt.
(asynchrone und asynchrone Formate können im Präsenz- und Distanzunterricht je nach Lernziel bewusst variiert werden; vgl. Müller-Hillebrand, 2020).
Die eTeaching Matrix
Von diesen Rahmenbedingungen ausgehend, können Ort und Zeit des Unterrichts in einem Koordinatensystem betrachtet werden, auf dem die Variablen „Präsenz und Distanz“ sowie „synchron und asynchron“ als jeweiligen Pole fungieren. Diese Matrix ermöglicht es, die verschiedenen Unterrichtsformate differenziert darzustellen.
eTeaching-Matrix I Schulnetzwerk des ZfL Köln (https://zfl.uni-koeln.de/schulnetzwerk) I
CC BY SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)
Präsenzunterricht
Wird der Unterricht in Präsenz und synchronem Format durchgeführt, spricht man vom klassischem Präsenzunterricht – so wie er vor der Corona-Pandemie der Regelfall war.
erweiterter Präsenzunterricht
Durch Hausaufgaben und selbstständige Arbeitsphasen, die außerhalb der Unterrichtszeit stattfinden, kann der Präsenzunterricht örtlich und zeitlich flexibilisiert werden (erweiterter Präsenzunterricht).
digitaler Distanzunterricht
Findet Distanzunterricht synchron – bspw. durch ein Videokonferenztool – statt, kann dies als digitaler Distanzunterricht bezeichnet werden. Die Erfahrungen der vergangenen Monate haben gezeigt, dass sich der klassische Präsenzunterricht nicht eins zu eins in Videokonferenzformate übertragen lässt. Vielmehr muss neben technischen und organisatorischen Hinweisen auch über den zeitlichen Rahmen von Videokonferenzen im digitalen Distanzunterricht nachgedacht werden (vgl. Senftleben, 2020, S. 270 – 271).
erweiterter Distanzunterricht
Wird der Unterricht in der Distanz durch asynchrone Formate – z. B. Erklärvideos, Learningsnacks, die auf der schulinternen Lernplattform zur Verfügung gestellt werden, ergänzt, bezeichnen wir diesen als erweiterten Distanzunterricht.
Die Chancen durch die Digitalisierung bestehen nun darin, diese vier verschiedenen Formate des Unterrichts in einem hybriden Format miteinander zu variieren (Hybridunterricht). Vogler (2021) spricht in diesem Zusammenhang auch vom hybriden pädagogischen Raum, in dem es „keine Addition von analogen und digitalen Räumen“ mehr gibt, sondern sich Lehr- und Lernräume anlassbezogen ausbilden. Dies setzt bei den Beteiligten (Lehrer*innen, Schüler*innen, Eltern) auch ein verändertes Verständnis „von Raum, Zeit, Routinen, Anwesenheit und Abwesenheit“ (S. 275.) voraus.
Unterricht kann so beispielsweise im Blended-Learning-Format organisiert werden, in dem Präsenz- und Distanzphasen miteinander sinnvoll kombiniert werden und die jeweiligen Chancen und Stärken der Formate hervorgehoben werden (vgl. Müller-Hillebrand, 2020, S. 52).
Die eTeaching-Matrix ist ein Reflexionsinstrument: Nutzt die Matrix nun demenstsprechend, um eine bereits durchgeführte oder geplante Unterrichtsstunde, einen Unterrichtsinhalt oder eine Methode/Arbeitsform zu reflektieren. Konkrete Aufgabenstellungen findet ihr per Klick auf die Plus-Zeichen:
Anwendung zur Reflexion einer Unterrichtsstunde
- Nehmt eine bereits von euch gehaltene oder geplante Unterrichtsstunde oder kurze Sequenz zur Hand und ordnet die genutzten Methoden / Tools / Arbeitsformen in die eTeaching-Matrix ein.
- Fällt euch etwas Besonderes auf bei der Einordnung im Hinblick auf die Gewichtung eurer Methoden? (Gibt es z.B. eine Häufung in einem Quadranten der Matrix?)
- Gibt es Methoden / Arbeitsformen, die ihr im Rückblick anders umsetzen würdet? Wenn ja, welches Format würdet ihr wählen?
- An welchen Stellen würdet ihr ggf. im Nachhinein Änderungen vornehmen im Hinblick auf die Kommunikationsform (synchron / asynchron)?
- Welche konkreten Erkenntnisse nehmt ihr aus der Reflexion mithilfe der eTeaching-Matrix mit?
Anwendung zur Reflexion eines Inhalts/Lerngegenstands/fachlichen Themas
- Nehmt einen Inhalt, einen Lerngegenstand bzw. ein fachliches Thema eurer Wahl und nutzt für die Planung der Unterrichtssequenz gezielt die eTeaching-Matrix. Mögliche Leitfragen können sein:
- In welchem Bereich der Matrix möchtet ihr die Unterrichtssequenz am stärksten verorten? Warum gerade dort?
- Welche konkreten Methoden / Arbeitsformen eignen sich am ehesten für die Umsetzung innerhalb eures gewählten Bereichs?
- Welche organisatorischen Bedingungen habt ihr bei der konkreten Umsetzung zu bedenken? (z.B. technische Ausstattung der SuS bzw. der Schule, Vorkenntnisse, Zeitaufwand)
- Welche Elemente des eTeaching Burgers möchtet ihr in der Unterrichtssequenz fördern? In welchem Bereich der Matrix funktioniert dies am besten?
- Bei fortgeschrittener Planung: Ordnet einzelne Teile (z.B. Stunden) eurer Unterrichtssequenz in die Matrix ein und beachtet dabei das Verhältnis von synchronen und asynchronen Formaten.
- Achtet auf eure Ressourcen: Ist die Sequenz so geplant, dass ihr eine ausgewogene Mischung….
Anwendung zur Reflexion einer Methode/Arbeitsform
- Sucht eine Methode / Arbeitsform (z.B. „Meldekette“, „Lehrervortrag“) eurer Wahl aus und ordnet diese in die vier Quadranten der Matrix ein.
- Wie verändert sich die Methode in ihrer Umsetzung je nach Einordnung auf der Matrix?
- Welche Vor- bzw. Nachteile ergeben sich für euren Unterricht, je nach dem, ob ihr die Methode / Arbeitsform synchron oder asynchron bzw. in Präsenz oder digital durchführt?
- Welche Vor- und Nachteile ergeben sich für eure Schüler*innen je nach Art der Umsetzung?
- Welche Unterschiede im Hinblick auf eure eigene Arbeitsbelastung ergeben sich, je nach dem, in welchem Bereich der Matrix ihr die Methode verortet ?
Literaturverzeichnis
Kantereit. T. (Hrsg.). Hybrid-Unterricht 101. Ein Leitfaden zum Blended Learning für angehende Lehrer:innen. Abgerufen am 17.08.2021: https://visual-books.com/hybrid-unterricht-101/.
Krommer, A. (2020). Didaktische Schieberegler. Oder: (Distanz-)Lernen und pädagogische Antinomien. Abgerufen am 17.08.2021: https://axelkrommer.com/2020/07/02/didaktische-schieberegler-oder-distanz-lernen-und-padagogische-antinomien/.
Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW (2020). Handreichung zur lernförderlichen Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht. Abgerufen am 17.08.2021: https://www.schulministerium.nrw/handreichungen-praesenz-und-distanzunterricht.
Müller-Hillebrand, H. (2020). Alle nur träge und desinteressiert? Von „Command and Control“ zu „Trust and Believe“. In T. Kantereit (Hrsg.), Hybrid-Unterricht 101. Ein Leitfaden zum Blended Learning für angehende Lehrer:innen (s. 49 – 54). Abgerufen am 17.08.2021: https://visual-books.com/hybrid-unterricht-101/.
Sentfleben, S. (2020). Was ist guter videobasierter Unterricht? In T. Kantereit (Hrsg.), Hybrid-Unterricht 101. Ein Leitfaden zum Blended Learning für angehende Lehrer:innen (s. 270 – 287). Abgerufen am 17.08.2021: https://visual-books.com/hybrid-unterricht-101/.
Vogler, H.-J. (2021). Der hybride pädagogische Raum. Zur Veränderung von Unterricht und Schule in der Digitalität. Bielefeld: transcript Verlag.